Rudolf L. Reiter - 1997

Gedanken des Künstlers zu seinen neuen Arbeiten Vordergründig wirken meine Bilder vielleicht unreali– stisch, erdacht, phantastisch. Und doch sind sie in ihrer nicht Stofflichkeit Wirklichkeit. Die Betrachtungsweise umfaßt das Entstehen einer Landschaft; ihre Urform, die momentane Situation, bis hin zur eventuellen zukünftigen Form der Natur. Dabei betone ich die steten Umbrüche, Erneuerungen, das Absterben von Altem, die scheinbare Zerstörung der Natur durch die Natur, wie Erde, Feuer, Wasser und Wind, und die gewaltsame und friedliche Veränderung durch den Menschen. Nichts bleibt wie es ist. Die stete Verwandlung läßt nur eine Momentaufnahme zu. So entstehen Landschaften in jeder erdenklichen Form. Die formale Situation läßt Bizarres mit Gerundetem leben, manchmal abrupt getrennt, dann wieder ineinander flie– ßend, verbindend und störend zugleich. Diese Wider– sprüche und Gegensätzlichkeiten gilt es für mich in meinen Bildern aufzuzeigen und bewußt zu machen. Denn: "Manchmal ist es - nach langem Schauen, ja fast nach einem Meditieren mit meinen Bildern- als sei ich schon einmal dort gewesen, hätte diese Bildwelten in mir aufgesogen und aufgenommen. Bin durch sie ge– wandert und habe mit ihnen gelebt, denn diese Bild– welten existieren, sie sind da und dann wiederum mei– ne ich, sie kämen aus einem anderen Leben". Während ich mich konzentriere, bewirken meine Hän– de die Sichtbarmachung von Geist und meditativer Kraft - sichtbare Bildweiten. Wie eine tänzerische Sequenz werden sie schwungvoll in malerische Bewegung versetzt. Auf der Bühne des Bildes entwickelt sich ein Prozeß zwischen Geburt und Tod. Und immer bin ich auf der Suche nach meiner ureigenen Selbstfindung. Dabei kreuze ich Wege Vor– hergegangener- werde zum Grenzgänger von Empfin– dungen und Seelenängsten. Ich unterwefe mich den phy– sischen Kräften der Erde. In fast kultischen Abläufen wirke ich auf Papier oder Leinwand ein - aus Farbflüssen werden organische Strukturen. Mein Un– terbewußtsein durchstreift Räume, Lichttäler und Angstquellen. Chiffrierte Erlebnisse siedeln sich auf der Oberfläche an, nehmen Rechte in Anspruch, kämpfen gegen ihre Ausweisung. Manchmal versuche ich mich mit ihnen zu identifizieren, suche nach Indizien und Botschaften. Durchlebe ein beinah poetisches Universum, mache merkwürdige, scheinbar organische Formen und Farbschleier sichtbar, welche dann eine Art von mikro– kosmischen Welten darstellen könnten. Welten voller Nähe und doch nicht genauer definier– bar. Die verschiedenen Lasierungen zeigen den Mal– prozeß auf. Die verschiedenen Schichten sind transpa– rent, scheinen hindurch, wie das Licht aus dem Dun– kel, wie der anbrechende Tag durch die Wolken. Es entstehen scheinbar zufällig entstandene Formen, Struk– turen, Konfigurationen und Texturen. Ineinander gehende Farbräume entstehen und es kri– stallisieren sich mitunter scheinbar organische Formen heraus. Erzählen von Kosmen und jenseitigen Welten, zeigen eine Unzahl von vorhergegangenen Metamor– phosen auf. Rudolf L. Reiter Januar 1996

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