Rudolf L. Reiter - Gegen den Strom

71 1977 dreht das ARD eine Fernsehdokumentation „Der Maler im Moos“ Ohne sie hätte es den Bunten Kreis wohl nie gegeben: Rudolf L. Reiter und die inzwi- schen verstorbenen Vertreter der Stadt Erding, Bürgermeis- ter Schießl und Kulturreferent Groschberger (v. l.), bei der ersten Ausstellung des Erdin- ger Künstlervereins. Das Erlebnis Leopoldstraße war zwiespältig. Einerseits kam Rudolf L. Reiter nun endlich in Kontakt mit der Kunstszene, von der er in Erding so lange abgeschnitten gewesen war. Er empfand die Situation als „schon befruchtend“. Zudem lernte er Leute kennen, die bei anderer Gelegenheit eine Rolle für Reiter und seine Kunst spielen sollten. Andererseits war die Verkaufssituation ernüchternd. Hatte er auf 400 D-Mark für ein Gemälde gehofft, erwiesen sich 40 D-Mark als realistisch. Dafür gab es keine Schwellenangst, wie sie manchen gegen- über einer Galerie befällt. Eher wären „blöde Kommentare“ gegenüber den Künstlern gefallen. Realistisch besehen konnte Reiter nun zwar Kunst machen, doch nicht davon leben. Wie oft in seinem Leben spielte ihm der Zufall eine unerwartete Begegnung zu. Jemand kaufte ein, zwei, drei Bilder. Als dieser einen Verlag gründete, wusste er bereits, dass Reiter auch gelernter Drucker war. Ein Grafiker wurde gebraucht, der Faksimiles anfertigen sollte. „Ich bin ja ein Jünger der Schwarzen Kunst“, sagt Reiter selbstbewusst, denn letz tlich führte sein Engagement zur Herausgabe einer rasterlos faksimilierten Gutenberg-Bibel. Auf diese Leistung ist er nach wie vor stolz. Später kam die Bekanntschaft mit Joseph Beuys, für den Reiter an „Letters for London“ mitarbeitete. Reiters unverkennbarer Kunststil setz te sich nach und nach durch. Ausstellungen führ ten bis nach Hamburg, und die Kri- tiken waren gut. Allerdings kamen sie von auswär ts, nicht aus der eigenen Heimat. Die Kritiker lobten Rudolf L. Reiters „perfektes handwerkliches Können“ und bezeichneten ihn als „Caspar David Friedrich der Neuzeit“. Obwohl er im Grunde gar nicht wie Friedrich malen wollte, wurde Reiter in diese Richtung gedrängt – und beherrschte sein Metier bestens.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjk=