Rudolf L. Reiter - Gegen den Strom
298 anderen Erscheinungsformen in ihrer Eigenart über- lagert: Alles, der Tisch, das Buch, die Kataloge, das informelle Bild im Hintergrund, alles ist Hilde. Etwas von der Heftigkeit und Zuversicht, mit der ster- bende Menschen oft noch gegen den Tod aufbegeh- ren, scheint in der Weise auf, in der Reiter seine kran- ke Geliebte allumfassend, raumgreifend, groß und unsterblich macht; auf dem Gemälde allemal. Sein Portät der Verstorbenen lässt seine innere Beteili- gung deutlich werden. Malend spricht er nicht nur von der Einsamkeit, des Für-sich-seins, der Erkrankten, sondern auch des Betrachters in Ahnung dieser sich bald auftuenden Trennung. Die fraktilen, differierten Lebensabschnitte im abstrakten Bild des Hintergrun- des zeigen auf, dass Schmerz, Leiden und Tod un- abdingbar zu jeder Existenz gehören. Der angedeute- te, stufenweise erscheinende Horizont ist ein Zeichen für die Trauer angesichts des Verlustes der geliebten Partnerin. Kein Wort mehr – kein Ton mehr. Zugleich aber bewahrt die Erinnerung daran, eine Stimme zu vernehmen aus dem Jenseitigen, aus der Anderswelt die Hoffnung in jedem Schmerz. Es gibt Momente wie die Einsamkeit neben einem Ge- liebten, der eingeschlafen ist – die Unmöglichkeit, gemeinsam zu träumen oder auch die Unmöglichkeit, den Weg des anderen in den Tod wirklich zu verstehen und zu teilen. Es ist die existenzielle Einsamkeit des Menschen, die in solchen Momenten der Trennung auf- scheint unddie sehr schwer künstlerischeinzufangen ist. Reiter ist dies gelungen. Victoria Reiter, Juni 2009
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