Rudolf L. Reiter - Gegen den Strom

11 R. L. Reiter erhält 1991 den Kulturpreis des Landkreises durch Johann Georg Prinz von Hohenzollern, Direktor der Bayerischen Staatsgemälde- sammlung. Rudolf L. Reiter „Gelber Stern“ Öl auf Leinwand, 100 x 100 cm, 1999 Museum Gedenkstätte KZ-Buchenwald New Yorker Tage werden wir beide nie vergessen. Mit einer großen Kunstmappe und Reiter-Kostproben zogen wir durch die Kunstsze- ne, Klinken putzen von Galerie zu Galerie, vom Village bis zur Upper East Side. Damals formte sich Rudolf L. Reiter, wie wir ihn kennen. Er schaffte es ohne Facebook, Whatsapp, Instagram und andere Krü- cken, ganz auf sich und seine Kunst gestellt. Im Vergleich zu jenen Tagen, ist heute alles langweilig und dröge. Schade. Gerne versichern wir uns, wie glücklich wir waren, dies alles relativ unbeschwert und voller Neugier erleben zu dürfen. Das ließe sich höchstens noch durch eine ordentliche Wiedergeburt steigern. Nicht wahr, Rudi? Nachdem nur dieses komplette Buch Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, und nicht eine Ansammlung von ganz persönlichen Fußnoten, springen wir jetzt in die Neuzeit. Rudolf L. Reiter 40 Jahre danach. Aus dem schwarzen ist ein weißer Bart geworden. Er spricht immer noch sein breites, hintergründiges Bayerisch, versteckt vie- les, was er eigentlich sagen will, zwischen den Sätzen. Indem er die Aussage dann gleich wieder verneint, also zurückzieht, macht er sie nicht ungesagt. Dass muss jeder wissen, der mit ihm zugange ist – „Reiterologen“ eingeschlossen. Von denen gibt es inzwischen mehr als genug. „Der Reiter“, das ist immer noch seine Lieblingsvokabel, hat Schick- salsschläge hinter sich, die keiner leicht wegsteckt. Der Tod von Hil- de im Jahr 2009, danach 2016 schwere Herzprobleme. 16 Wochen in der „Anderswelt“ unserer Krankenhäuser, zwei Notoperationen. Der Tag, an dem sein Atelier verbrannt ist. Das spurlose Verschwin- den seiner Torfpyramide am Münchner Flughafen, die im Mittelpunkt einer weithin beachteten Kunstaktion gestanden war. Nun spricht er wieder verstärkt über die „Wunden meiner Seele“, konzentriert sich auf neue Werke im abstrakten Impressionismus. Eine interessan- te Wandlung, weg von der Romantischen Moderne. Reiter ist gläubiger geworden, und auch politischer. Das ist kein Wi- derspruch, obwohl die Trennung beider Welten auch für ihn einst glorreich erkämpft wurde. Die Klammer dazu ist wohl in seinem konservativen, altbayerischen Weltbild zu finden. Er glaubt an ein hö- heres Wesen, das er „Schöpfer“ und „Herrgott“ nennt. Im gleichen Atemzug erkennt er die Existenz von Sekten und ähnlichen Gemein- schaften an. Trotzdem sollte in jedem öffentlichen Raum ein Kreuz hängen, die Religion nicht verunglimpft werden. Reiter hat Vorträge gehalten, bei den Rosenkreuzern und den Freimaurern. Das hat ihm noch mehr Parallel-Welten aufgezeigt. Und es hat sein Weltbild er- weitert. Rudolf L. Reiter hatte sein Leben lang Angst, meistens um seine Fami- lie. Aber auch um solche, die in seinen Augen irgendwie dazugehör- ten. Das konnte ihm keiner nehmen. Wenn er gezwungen war, seine

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjk=