Rudolf L. Reiter - Gegen den Strom

9 Aktion Frauenkircherl - Schaf- fung eines Kulturzentrums im Herzen der Kreisstadt Erding. Unterschriftensammlung der Kunstvereinigung B. K. durch den 1. Vorsitzenden Rudolf L. Reiter, 1974. Zusammengefasst, war das die Lage: Rudolf L. Reiter erfand sich und Hilde Amalie Reiter hielt die Unebenheiten des Lebens von ihm fern. Gelegentlich hörte er auf ehrliche Freunde, und das war gut so. Der junge Künstler hatte gerade die ersten spontanen Jahre hin- ter sich, in Knut Hamsun einen Seelenverwandten und in dessen literarischen Werk seine Weltanschauung und Philosophie gefunden. Er konzentrierte sich auf Victoria, die Romanfigur, schenkte ihr ein Gesicht. Reiter hüllte sie und andere in die selbstverständlichen ro- mantischen Landschaften. Am Horizont tauchte ein neues Thema auf, die Wiedergeburt. Im ersten Moment nährte es weder ihn noch Hilde, und so baute er seine Galerie auch als Bodenstation für die anderen, genauso Hoffnungsvollen aus. Mit Reiter-Ausstellungen ging er erfreulich sparsam um, ließ Mit- bewerber auftreten, um sie dann mit sicherer Hand zu überholen. Keine finstere Taktik, das Leben eben. Gerade in der Kunstszene herrscht gnadenlose Auslese. Viele kamen und gingen in diesen 40 Jahren, die wir uns kennen, aber der Reiter blieb. Und er hinterließ breite Spuren, in Erding wie in der Welt draussen. Wer erinnert sich noch daran, dass Rudolf L. Reiter das große, von vielen als Spinnerei gescholtene Projekt Frauenkircherl anschob? Ganz früh stand er hin- ter dem Förderverein, schaufelte sogar eigenhändig den Schutt aus dem geschundenen Erdinger Baudenkmal. Wir wurden Freunde. Das war anfangs nicht einfach, und später auch nicht. Häufig ruhte diese Freundschaft auf kritischer Distanz, was viele der mehr als zahlreichen Reiter-Gegner nicht sehen wollten. Ich durfte damals die noch jungen „Erdinger Neuesten Nachrich- ten“ der Süddeutschen mit aufbauen. Kein Zweifel, auch aus heutiger Sicht: Wir haben den Reiter nicht protegiert oder gar „gemacht“. Das waren böse Gerüchte, die vermutlich erst nach Jahrhunderten sterben werden. Wir haben ihn journalistisch nachhaltig begleitet. Gepriesen, gescholten und gekauft wäre er letztlich auch ohne uns geworden.

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