Rudolf L. Reiter
Seite I 329 Spießer auf der einen Seite, der Spinner aus der Arbeiterschicht, das Enfant terrible auf der anderen. Er sieht sich als fragilen Fremdkörper, als Außenseiter - eine Einstellung, die ihn bis in die Gegenwart begleiten soll. Reiter bewundert Caspar David Friedrich nicht nur aufgrund dessen Malerei. Einen Ausspruch Friedrichs im Januar 1840 kurz vor seinem Tod zitiert Reiter immer wieder, münzt ihn auf sich: “… so ist der Mensch dem Menschen nicht als unbedingtes Vorbild gesetzt, sondern das Göttliche, Unendliche ist sein Ziel. Die Kunst ist’s, nicht der Künstler, wonach er streben soll. Die Kunst ist unendlich, endlich aller Künstler Wissen und Können. So vernichtet am Ende die Kunst den Künstler - um seiner selbst willen.” Auch in der Sammlung Friedrichscher “Aphorismen über Kunst und Leben” findet sich Reiter in seiner Zurückgezogenheit wieder: “Ihr nennt mich Menschenfeind, weil ich die Gesellschaft meide. Ihr irret euch, ich liebe sie. Doch um den Menschen nicht zu hassen, muss ich den Umgang unterlassen.” Es wird noch zu zeigen sein, dass Reiter Friedrich auch künstlerisch gefolgt ist. Mit 14 beginnt Reiter mit der Malerei, erstellt erste künstlerische Arbeiten. Eine künstlerische Ausbildung hat Reiter nie erfahren, er ist mit Ausnahme seiner zweijährigen Mitarbeit beim Münchner Maler und Grafiker Hans Spranger von 1960 bis 62 sowie einem intensiven Austausch mit dem 1937 geborenen und in München lebenden Alfred Darda Autodidakt. Zu seiner ersten Ausstellung verhilft ihm im Jahre 1965 Karl Maria Doll. Der 1921 in Erding geborene und 2005 dort gestorbene Doll war nicht nur Kirchenmusiker und Komponist sowie Wegbereiter der Kreismusikschule Erding. Er war über Jahrzehnte auch Inhaber eines Kunst- und Musikladens an derMünchener Straße gegenüber demAmtsgericht. In dessenSchaufenstern, die eigentlich der Präsentation von Musikinstrumenten vorbehalten sind, darf Reiter seine ersten Exponate, vor allem in Öl auf Papier, Zeichnungen und Aquarelle, ausstellen. Hierfür druckt er Faltblätter, um auf seine Premiere aufmerksam zu machen. Dazu nutzt er sein Wissen, das er sich während der Ausbildung in München angeeignet hat. Mit Freunden hatte er zahlreiche Ausstellung in der Landeshauptstadt besucht und dabei stets ein Auge auf
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