Rudolf L. Reiter
Seite I 311 „Feuers“, muss an Prometheus als den mythologischen Wohltäter und aufmüpfigen Kulturstifter der Menschheit erinnern. Denn Prometheus, der Vordenker, überlistete die selbstgefällige Götterwelt und brachte das Feuer auf die Erde. Der Mythos zeigt, wie sehr die menschliche Kultur des Feuers bedarf und wie sehr sie von ihm abhängt. Denn erst der Umgang mit dem Feuer ermöglichte es dem Menschen seine gestalterischen Fähigkeiten richtig zu entwickeln. Die gewaltige Kraft des Feuers setzte den Menschen in Bewegung. Mit dem Feuer begann er Eisenwerkzeuge zu formen, Ziegel zu brennen und warme Speisen zu kochen. Bereits den Steinzeitmenschen war die Kunst Feuer zu entfachen, bekannt. Damals wie noch in späteren Zeiten wandten diese viel Zeit darauf, ein brennendes Feuer nicht verlöschen zu lassen, um es nicht neu entfachen zu müssen. Denn letzteres bedeutete viel Arbeit. Metanoia in der Kunst und im Leben So kam es vielleicht, dass das Feuer auch ein Symbol für Sünde, Begierde und Elend wurde. Feuerzungen kündeten im Neuen Testament vom neuen Geist der Menschen. Erkenntnis kommt bisweilen nur durch Erschrecken und so fand Rudolf Reiter nach der Feuerkatastrophe einen neuen künstlerischen Ansatz. Mit seiner Kunst füllt er die Leere, die nach dem Ausfall von Religion unter den Menschen entstanden ist. Seine Arbeit übernimmt Aufgaben der Religion, ohne sie in jedem Punkt ersetzen zu können. Wie von selbst aber drängt sich die alte philosophische Frage nach der Relation von Form und Inhalt, stiller Antrieb jeglicher künstlerischer Arbeit, wieder in die Diskussion ein. So kann aus der vulkanischen Metamorphose eine Metanoia des Betrachters erwachsen. Rudolf Reiter fasst den Wandlungsprozess zusammen: „Hinter den Farben öffnet sich das Reich des Göttlichen. Die Kunst ist ein Tor zum Himmel und zur Ewigkeit.“ Elisabeth Noske
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