Rudolf L. Reiter
Hölderlins (1770-1843) verzweifeltes Diktum aus dem „Hyperion“, dem Schicksalslied um 1770: „...doch uns ist gegeben, auf keiner Stätte zu ruhen, es schwinden, es fallen die leibenden Menschen blindlings von einer Stunde zur anderen, wie Wasser von Klippe zu Klippe geworfen, Jahrlang ins ungewisse hinab.“ Rudolf Reiter begreift sich selbst als Spurensucher. Er wandert auf den geistigen Quellen der vergangenen Kulturen, sucht und findet diese. Der Federkiel in der linken Hand des „Glückspendlers“ ist Hinweis auf die Kabbala – das Pendel zeigt Spuren von Runen und Zahlensymbolen. Natürlich, Gott hat die Menschen verlassen. Das ist in der Kabbala überhaupt erst der Anfang der Welt. Gott ist in der jüdischen Mystik keine Person, sondern ALLES. Auch bei Hölderlin finden wir die Frage nach dem Raum den Gott frei gibt – den Raum, wo sich alles entwickelt. Da erschließen sich Zeiträume bis ins Mystische und Legendäre – unendliche Himmelsräume öffnen sich ins Kosmische. Der Tod seiner geliebten Frau Hilde hat den Künstler früh erkennen lassen, dass Schmerz, Leiden und Tod unabdingbar zu jeder Existenz gehören. Der Mund des Pendlers geschlossen – kein Ton mehr, der Blick scheint ins Leere gerichtet – doch der Blick geht hinaus über alles Irdische – gibt die Sicht frei, für die Hoffnung in jedem Schmerz. Im Januar 2010 gießt Reiter den Pendler in Bronze, lässt noch einmal alle Energie und Liebe, Trauer und Schmerz in die Figur einfließen – wird ganz Eins – geht auf in Material und Form, das Ende des Pendels ist geboren – der Anfang symbolisiert. Im September 2010 stellt Reiter die Bronzeskulptur ‚“Glückspendler“ am Grab seiner Frau auf. Rudolf Reiter, 2010 Seite I 295
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjk=