Rudolf L. Reiter - Bilder, Objekte, Aktionen 1974-1994

auch an den Bildern der Übergangs– phase ablesen. In diesem Zusammen– hang sind einige Werke von Bedeu– tung, in denen sich Reiter mit den Folgen der Entdeckung Amerikas auseinandersetzt Neben dem gegen– ständlichen Bildthema beinhalten sie Strukturen, die in einer späteren Phase das Gegenständliche ganz verdrängen werden. Im Unterschied zu den heutigen informellen Arbeiten sind sie jedoch sehr konstruiert, und genau das war es, was der Künstler eigentlich vermeiden wollte: " Es ist mein Anliegen - Freiheit aus der Gefühlswelt der Landschaft vor Ort zu erleben- den Rest von Form und Realismus abzulegen und einzu– tauchen in die Tiefen meiner Seele - den Anschluß an den Kosmos zu suchen." Ziel des Informel ist die Auflösung klassischer, festumrissener Formen. Eindeutig Begrenztes wird zugunsten eines Sichtharrnachens des Mal– prozesses vermieden. Informelle Werke lassen die Form als ein jähes Ereignis erscheinen, als eine Eruption oder Explosion. Die informelle Kunst verzichtet auf ideelle und kompositionelle Konzepte, ist aber nicht formlos - Kunst ohne Form ist ein Widerspruch in sich. Man könnte eher von einer "Nicht-Form", besser einer völlig offenen "Noch-Nicht– Form" sprechen. Das Informel gilt als existenzieller Akt der Befreiung, des Aufbruchs und dient der künstlerischen und individuellen Selbstfindung. In den 40er Jahren hatte es sich als interna– tionale künstlerische Bewegung entwickelt, die an die surrealistische Praxis der automatischen Nieder– schrift aus dem Unbewußten (ecriture automatique) anknüpfte. Jackson Pollock versuchte diesen Prozeß folgendermaßen zu beschreiben: " Wenn ich in meinem Bild bin, bin ich mir nicht dessen bewußt, was ich tue. Erst nach einer Periode des Vertrautwerdens sehe ich, was ich gemacht habe. " Einen völligen Automatismus gibt es in Wirklichkeit nicht. Man benutzt die Grundlage des Unbewußten, jedoch nicht, ohne selber einzu– greifen. Chaos und Zufall werden zur künstlerischen Ordnung erhoben. Was allein zählt sind die seelischenVorgänge und Zustände, die Regungen, die ihren eigenen Gesetzlichkeiten gehorchen und während des Malvorgangs wie in einem brodelden Kochtopf an die Oberfläche des Bewußtseins gelan– gen. Dem Malakt als einem Zustand des Nichtwissens kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. In einer tranceähnlichen Choreographie kon– zentrieren sich alle Kräfte auf den schöpferischen Akt. Der Malprozeß selbst wird zum Thema der Malerei. Zur Umsetzung des Unbewußten in ein Kunstwerk äußerte sich Fritz Winter wie folgt:

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