Rudolf L. Reiter - Bilder, Objekte, Aktionen 1974-1994
Friedrichs. Was bewegt einen Künstler wie Reiter, sich in der heutigen Zeit auf die künstlerische Position der Romantik zurückzuzie– hen? Die Sehnsucht nach Natur, deren Ausdruck Landschaftsbilder sein können, liegt oft in einem Konflikt des Individuums mit seiner Zeit und den gesellschaftlichen Umständen begründet. Landschaft wird hierbei Medium, um die Subjektivität der eigenen Empfindung, der eigenen Gefühle auszudrücken. Die Kunst der Romantik stellt den Höhepunkt in der Entwicklung der Landschaftsmalerei als individuelle Sinnsuche dar. Immer wiederkehrendes Thema der Roman– tik war die Macht des Unendlichen über das Endliche. Das persönliche Natur- und Welterleben setzte die Subjektivität des Geistes frei. Durch die Lehre von der sittlichen Freiheit des absoluten Ichs als des schöpferi– schen Prinzips des Geistes sah sich der Romantiker legitimiert, völlig frei mit Gesetzen und Regeln der Kunst umzugehen. Er isolierte sich in selbstgewählter Vereinsamung, oftmals bis zum melancholischen Weltschmerz, da seiner Auffassung nach der Fortschritt der Kultur den Menschen nicht gebessert hatte und sowohl die Vergesellschaftung als auch die Wissenschaft die Schuld am Verderben der Menschheit trugen, die durch die Zivilisation ihres glücklichen naturhaften Urzustandes beraubt wurde. Die Entzweiung von kontemplativem Subjekt und der Welt führten in der Romantik zu dem Bedürfnis nach Versöhnung der beiden Pole. Die Natur fungierte als Sinnbild einer Harmonie, die man in der gesell– schaftlichen Umwelt vermißte. Dabei wurden in der Malerei menschliche Gefühle auf nicht-menschliche Ob– jekte, zum Beispiel in der Landschaft, übertragen, wodurch diese menschli– che Züge erhielten. Ausgangspunkt Friedrichs und auch Reiters war immer das visuelle Natur– erlebnis, das religiösen Charakter hat und die pantheistische Grundhaltung der Künstler verdeutlicht. Caspar David Friedrich forderte : " Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er auch "Caspar David Friedrich Selbstbildnis" um 1810, Nationalgalerie Berlin
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