Rudolf L. Reiter - Bis unsere Leben wieder eins sind

Rudolf L. Reiter- dieser Einzelgänger, dieser Neuromantiker, der die leisen introvertierten Töne in uns zum Klingen bringen kann, dieser Lyriker der ge– deckten Farben und der zeitlosen Momentaufnahmen, der in fremdartigen, dennoch heimisch anmutenden, Anmut auslösenden Denkbildern auf uns zu– tritt-oder treten wir nicht ihm (mir scheint fast, er erwartet es von uns) mehr ent– gegen als er uns? Wenn er sich von den Realitäten löst, sich voller Empfindsamkeit poetische, ver– zaubernde Farbübergänge von beinah unwirklicher Schönheit schafft. Es lohnt sich, den Arbeiten Rudolf Reiters die Empfindsamkeit entgegenzu– bringen, die er dadurch beweist, daß er sich fast ehrfürchtig an das Menschen– bild herantastet, unsere und seine Geheimnisse wahrend, aber die Menschen– würde offenbarend wie z. B. in seinem Zyklus nach Hamsun : >>Victoria«, in dem er sein Erstaunen ebenso kundtut dem Mitmenschen gegenüber wie der uns umgebenden Umwelt, in dem es ihm gelingt, Stimmungen zu erhöhen, sodaß die Sensibilität des Betrachtenden, dessen Phantasie, Kreativität angeregt wird. In Reiters Bildern schwingt so etwas wie Allegorie, wie Symbolik mit. Seine Bil– der sind Traumgebilde, die als Legende schweben und im Intuitiven in uns aufgehen. Reiter läßt den auf ihn Zukommenden an seinem Sinnentanz und Sinnengenuß teilhaben, teilnehmen an solchen Sternstunden der Zweisamkeit, die keinem Stilwandel der Gefühle und keinen Wechselkursangleichungen unterliegen, die die Humanität des Gestalteten wie hinter durchschaubaren Schleiern ent– wickeln lassen, aber gerade dadurch uns einander menschlich näherbringen als es durch noch so klare Klarheit der Gestaltung werden könnte. Wie einen sanftfarbenen Traum läßt er das Typische, das Allgemeingültige, das Bedeu– tungsvolle aus seiner Aussage herausschauen, möglichst das zu fassen , was sonst einfach nicht greifbar ist, vor allem für den nicht greifbar, der nur gewohnt ist, in rationalerfaßbaren Dimensionen zu denken, den sogenannten Intellek– tuellen. Der Mensch aber ist vollkommener als allein im Ratio faßbar. Und an dieser Stelle ist der Künstler zur Hand und der stößt die Pforte auf zum Mensch– sein, zum Menschlichsein. Wir alle sind gerufen, sind aufgefordert, nachzu– kommen. Deshalb sieht Reiter seine Aufgabe, ja die Aufgabe des Künstlers vor allem dar– in, die Lücken zwischen den Intellektuellen, zwischen der formel- und wissen– schaftsanbetenden Ratio zu schließen durch Sensibilisierungen, aufzuschlie– ßen zu einer menschlichen Ganzheit. Humanität steht für ihn, wie für jeden Künstler über dem ratioanbetenden Verstand des Intellektes. Reiters Irrationa– lität in seinen Inhalten erfordert besonders das Nacherleben, das Nachersin– nen und wir spüren durch den Künstler Reiter das Individuum in uns wachsen, das auch die Kraft hat, die Natur zumWunschbild des freien Geistes schaffen zu können.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjk=