Rudolf L. Reiter - Bis unsere Leben wieder eins sind
GROSSMUTTERS HAUS Grün leuchtet der Himmel hinter Großmutters Haus. Wie ein grüner, warmer Mantel umgibt er die sonst so herbe, ja fast abweisende Landschaft. Ich bin mit ihr durch das Land gewandert. Von Bürgerhaus zu Bauernhof. Ich habe schöne, reiche Häuser gesehen, und arme Hütten. Ich habe Brotsuppe gegessen. Und auf Stroh geschlafen. Unter der Treppe stand ein Miniaturhaus, an dem man die Fenster und Türen öffnen konnte. Das kleine Haus aus Holz, strahlte heile Welt aus. Das kühle Pflaster des Flurs erinnerte an die Würde und Stille einer Waldkapelle. Da stand ich eines Morgens vor dem Haus. Es war kalt, der Boden war gefroren. Eine schwarze Kutsche fuhr die nackte Allee entlang. Das Läuten der Glocken verkündete, daß jemand gestorben war. Kleine Hände hielten sich am Geländer der Treppe fest. Im Innern des Hauses stieg Geruch von Brotsuppe auf. Menschen in schwarzer Kleidung- Geschäftiges Treiben. Und ich wußte, schade, daß Großmutter nicht mehr ist. RUDOLF L. REITER
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